Politische Betätigung gemeinnütziger Einrichtungen

Der Bundesfinanzhof (BFH) spezifiziert seine Aussagen zur politischen Betätigung im gemeinnütziger Einrichtungen (Beschluss vom 18.8.2021, V B 25/21).

Der Fall betraf einen eingetragenen Verein, der sich in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie gründete. Der Verein nahm kritisch zur Corona-Politik der Bundesregierung stellen, bestritt die Gefährlichkeit des SARS-CoV-2-Virus und die Zweckmäßigkeit einzelner Hygienemaßnahmen wie das Tragen von Alltagsmasken. Das Finanzamt verweigerte deswegen die Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Der BFH bestätigt diese Auffassung und präzisiert seine früheren Ausführungen zur politischen Betätigung gemeinnütziger Einrichtungen.

Grundsätze

Der gemeinnützigkeitsrechtliche Grundsatz der Förderung der Allgemeinheit – so der BFH – beinhaltet nicht die Verfolgung politischer Zwecke. Ein politischer Zweck darf deshalb nicht als alleiniger und ausschließlicher oder als überwiegender Zweck in der Satzung einer Körperschaft festgelegt sein. Außerdem darf die Vereinigung mit ihrer tatsächlichen Geschäftsführung nicht ausschließlich oder überwiegend einen politischen Zweck verfolgen.

Es gilt aber: Auch wenn politische Betätigung kein gemeinnütziger Zweck ist, können und dürfen gemeinnützige Zwecke eine politische Betätigung einschließen.

Zur Förderung der Allgemeinheit gehört nämlich auch die kritische öffentliche Information und Diskussion, um ein nach dem Katalog des § 52 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) begünstigtes Anliegen der Öffentlichkeit und auch Politikern nahezubringen. Dabei muss aber die unmittelbare Einwirkung auf die politischen Parteien und die staatliche Willensbildung gegenüber der Förderung des steuerbegünstigten Zwecks in den Hintergrund treten. Die allgemeinpolitische Betätigung einer steuerbegünstigten Körperschaft ist unschädlich, wenn die Beschäftigung mit politischen Vorgängen im Rahmen dessen bleibt, was das Eintreten für die satzungsmäßigen Ziele und deren Verwirklichung erfordert.

Eine gemeinnützige Körperschaft muss deswegen bei öffentlichen Äußerungen auch nicht politisch neutral oder ausgewogen Stellung nehmen. Sie darf die von ihr verfolgten Zwecke auch einseitig vertreten, in den gesellschaftlichen Diskurs einbringen und in ihrer subjektiven Abwägung höher als andere Ziele gewichten.


Die Prüfung des Einzelfalls

Für die Prüfung, ob im Einzelfall diese Grundsätze noch gewahrt sind, muss nach Auffassung des BFH geklärt werden,

  • ob die politischen Stellungnahmen durch die Satzungszwecke gedeckt sind,
  • ob die entsprechenden Äußerungen der gemeinnützigen Einrichtung wirklich zugerechnet werden können (und nicht etwa private Äußerungen ihren Organmitglieder sind) und
  • ob der Verstoß nicht nur geringfügig sind.

Der BFH erläutert für die folgenden gemeinnützigen Katalogzwecke, wie weit eine politsche Betätigung unschädlich ist:


Förderung des Gesundheitswesens

Von der Förderung des Gesundheitswesens werden alle Tätigkeiten erfasst, die der Gesundheit der Bürger dienen, insbesondere die Verhinderung und Bekämpfung von Seuchen und Krankheiten. Dazu gehört auch die Information der Bevölkerung über die Verhinderung und Bekämpfung von Krankheiten.

Die öffentlichen Außerungen der gemeinnützigen Eirnrichtung dürfen dabei aber nicht in einen politischen Wettstreit um die zutreffende Strategie zur Bekämpfung der Corona-Pandemie treten. Dabei betrachtet der BFH eine zuspitzende Meinungsäußerung noch nicht als problematisch. Es muss aber ein Zusammenhang mit der Verhinderung und Bekämpfung von Seuchen und Krankheiten bestehen.


Förderung des demokratischen Staatswesens

Die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 24 AO) setzt voraus, dass sich eine Organisation umfassend mit den demokratischen Grundprinzipien befasst und diese objektiv und neutral würdigt. Die Verfolgung von Einzelinteressen staatsbürgerlicher Art ist ausdrücklich ausgeschlossen. Die Förderung des demokratischen Staatswesens muss auch von der gemeinnützigkeitsschädlichen Verfolgung politischer Zwecke durch Einflussnahme auf die politische Willensbildung und Gestaltung der öffentlichen Meinung abgegrenzt werden.


Wissenschaft

Die Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Informationen kann grundsätzlich gemeinnützig sein. Damit kann auch eine gewisse politischen Zielsetzung verbunden sein.

Dabei muss aber ein Anspruch von Wissenschaftlichkeit gewahrt bleiben, der sich an allgemeinen Standards oder zumindest denen bestimmter wissenschaftlicher Schulen orientiert. Das ist nicht der Fall, wenn vorgefassten Meinungen oder Ergebnisse unter dem Anschein wissenschaftlicher Nachweisbarkeit verbreitet werden. Dafür kann die systematische Ausblendung von Fakten, Quellen, Ansichten und Ergebnissen ein Indiz sein.

Quelle: Vereinsknowhow

Götz Löding-Hasenkamp

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